Der Konzertabend des Schmusechors war das erste queer-feministische Neujahrskonzert. Auf Einladung des Chors standen Performances queer-feministischer, diverser und pluralistischer Positionen im Zentrum des Konzertabends. 75 Minuten des Abends wurden nach Absprache ORF III zur Verfügung gestellt. Die Ausstrahlung auf ORF III zeigte aber ausschließlich den Schmusechor. Teile der kritischen Rede von KDM Königin der Macht sollten nicht auf ORF III gezeigt werden. Die Unterzeichner*innen zeigen sich solidarisch mit den gestrichenen Performer*innen.

Die Konzertabende des Schmusechors fanden am 5. und 6. Jänner 2024 statt. Das Konzert wurde einige Zeit später auf ORF III in gekürzter Fassung ausgestrahlt. Die Performer*innen wurden von ORF III vor die Entscheidung gestellt, eine der zwei gekürzten Varianten zu wählen. Die erste Version enthielt den Chor sowie die Darbietungen von tanz.sucht.theater und KDM Königin der Macht & Royal Squad against Toxic Masculinity, aus deren Performance jedoch ein Teil herausgeschnitten wurde – und zwar die Neujahrsrede der Kunstfigur KDM Königin der Macht [1]. Grund dafür waren laut ORF III die Aussagen vom „ewigen Gestern“ und „arische Brüder“ zu Beginn der Rede von KDM Königin der Macht.

In der gestrichenen Rede thematisiert die Kunstfigur KDM Königin der Macht die NS-Vergangenheit der Wiener Philharmoniker. Während die KDM-Rede entfernt wurde, wurden die kritischen Aussagen zur Philharmoniker-Vergangenheit der Mehrheitsgesellschaft-zugehörigen Chor-Dirigentin, die etwas später im Programm zu sehen waren, auf ORF III gezeigt. Patriarchat, Rassismus und andere Systeme der Unterdrückung kreieren eine Ungleichheit, die kritisiert werden muss, um Veränderung zu bewirken. Wir dürfen es nicht zulassen, dass die Kritik rassifizierter Personen ausgeblendet wird.

Für die Performer*innen von KDM Königin der Macht & Royal Squad against Toxic Masculinity war klar: Die Performance der Künstler*innen kann nicht ohne das zentrale Element, der Rede, und ohne den für den Abend inhaltlich relevanten Sprechakt der Kunstfigur KDM Königin der Macht, gezeigt werden. Rassifizierte, feminisierte und marginalisierte Körper lediglich als tanzend und unterhaltend darzustellen, ohne die für den Abend wesentliche Rede und Kritik, war keine Option für das queer- feministische Ensemble. Somit wurde Version 2 – ganz ohne Gast-Performances von KDM Königin der Macht & Royal Squad against Toxic Masculinity und tanz.sucht.theater – ausgestrahlt und beide Gruppen verloren ihre Reichweite auf ORF III.

Der Abend war ein politisches Statement für die öffentliche Sichtbarkeit und Präsenz queerer, feministischer und mehrfach-diskriminierter Positionen und Künstler*innen. Die Entfernung der KDM-Rede stellt einen unerträglichen Eingriff in das Grundrecht der Kunstfreiheit dar. Die Einschränkung bedeutet nicht nur einen Eingriff in die Reichweite aller Performances, sondern zieht eine Reihe an negativen Konsequenzen für kritische Stimmen mit sich: Verunsicherung und Streichung führen zur Selbstzensur, führen in die weitere Marginalisierung. Kunst darf nicht in die Defensive gedrängt werden – Einschränkungen treffen nicht nur die Künstler*innen selbst, sondern auch uns als demokratische Gesellschaft.

Die Unterzeichner*innen dieses Statements stehen in voller Solidarität mit den Performance- Künstler*innen/KDM Königin der Macht & Royal Squad against Toxic Masculinity und tanz.sucht.theater.

 

Unterzeichner*innen

in alphabetischer Reihenfolge 

Institutionen/Organisationen

Arts Rights Justice Netzwerk
D—Arts
diverCITYLAB
IG Kultur Österreich
Improper Walls
Schmusechor
Schauspielhaus Wien, Künstlerische Leitung, Marie Bues, Martina Grohmann, Tobias Herzberg, Mazlum Nergiz
Sellerie – diesellerie.com, Patrick Bauer & Georg Leditzky
WUK Verein zur Schaffung offener Kultur- und Werkstättenhäuser
WUK performing arts
ZARA

Einzelpersonen

Anna Schoder
Annkathrin Dehn
Anna Leon
Kim Groneweg
Laura Plochberger
Linda Meisel
Renée Chvatal
Zhameli Khairli

Stand: 23.04.2024

Personen/Organisationen, die nachträglich unterzeichnen möchten, gerne einfach ein E-Mail an info@kunstfreiheit.at und der Name/Organisation wird hier hinzugefügt.

[1]         KDM Königin der Macht-Rede aus dem Video Live in concert: Schmusechor Neujahrskonzert 2024– Spielzeiteröffnung WUK performing arts. YouTube. Minuten 1:40:35 bis 1:44:20 https://www.youtube.com/live/v1-DwydO0TY?si=DBMh1KJMvfm1rpGI&t=6035

Kategorien: Allgemein